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Evelyn Bader
Gründerin
WomenFairTravel - Reisen für Frauen mit Weltblick
"Im kreativen Miteinander mit anderen Frauen entsteht für mich ein Aufwärtssog, der Lebensfreude und geschäftlichen Erfolg miteinander verbindet."
Als Pionierin des Frauen-Tourismus baute Evelyn Bader in den letzten 30 Jahren in Berlin Deutschlands größte Anbieterin für Reisen von Frauen für Frauen auf. Weil Visionen keine Altersgrenze kennen, wagte sie 2013 im Alter von 60 Jahren mit der Gründung von „WomenFairTravel“ noch mal einen Neustart.
Pionierin zu sein, ist keine Rolle, die Menschen in die Wiege gelegt wird. Sie entwickelt sich, wenn man die Fragen, die einem das Leben stellt, beherzt zu beantworten versucht. Evelyn Bader hat diese Art des Ja-Sagens im Laufe ihres bewegten Lebens gelernt – indem sie, zunächst für sich, später auch für andere Schritt für Schritt Neuland erschloss. Aufgewachsen als Arbeiterkind im idyllischen Bad Schussenried in Oberschwaben, war sie das erste Mädchen aus dem Dorf, das ein Gymnasium besuchte. Die Idee der Chancengleichheit steckte noch in den Kinderschuhen. „Es brauchte damals unwahrscheinlich viel Mut, das auszuhalten, denn alle haben geguckt, ob ich das schaffe“, erzählt die heute 60-Jährige. Schon früh spürt das Mädchen, dass die Enge des Landlebens ihre Zukunft nicht sein wird. Eine Klassenfahrt nach Berlin macht sie mit den Verheißungen der Großstadt bekannt, so dass es für sie nur folgerichtig ist, die heutige Hauptstadt später zu ihrem Lebensmittelpunkt zu machen.
Die Welt entdecken und erfahren, dass Frauen etwas bewegen können
Ein Au-Pair-Aufenthalt in Barcelona und längere Reisen in die Vereinigten Staaten und nach Südamerika während ihres Studiums der Lateinamerikanistik und Soziologie eröffnen Evelyn Bader neue Blickwinkel auf das, was möglich sein könnte. „Das waren für mich alles richtige Wow!-Erlebnisse. Zu sehen, es gibt auch andere Länder und Kulturen, neue Dinge zu lernen und neue Sprachen. Das hat meinen Horizont unwahrscheinlich erweitert.“ Im Berlin der 80-er Jahre stürzt sich die junge Frau in die Frauenbewegung und beteiligt sich am Aufbau des noch heute größten Frauenstadtteilzentrums in Deutschland, der Schokofabrik. „Ich hatte schon damals den Drang, etwas mit und für Frauen zu machen. Und diese ersten Spuren, die wir damals gelegt haben, haben mir gezeigt, dass sich in der Gesellschaft wirklich etwas bewirken lässt“, erzählt sie über das Engagement ihrer jungen Jahre.
Ihr weiterer Weg zum Frauen-Tourismus entfaltet sich über einige „Umwege des Neins“. Schon während ihres Studiums fragt sich die engagierte Feministin, was man gegen Sex-Tourismus unternehmen könnte und wie sich die auch aus dem wachsenden Rucksack-Tourismus resultierenden Zerstörungen vermeiden lassen. Und gerade diese grundsätzliche Skepsis gegenüber der Reisebranche ist es, die sie in ihrem weiteren beruflichen Wirken die Dinge anders machen lässt als bis dahin gemeinhin üblich. „Mich hat die Frage angetrieben, was man wirklich bewegen kann. Für Frauen als Reisende, aber auch in den Ländern selbst. Ich wollte Anteil nehmen, und da glühte mein Eifer auf“, so die Touristik-Expertin.
Businessplan? In den wilden 80ern ein Fremdwort...
Eine Italienisch-Sprachreise für Frauen wird für Evelyn Bader in den 80er Jahren, zum Schlüssel für ihre spätere Unternehmerinnen-Rolle. Sie übernimmt es, beim bis dato ehrenamtlich geführten Verein „Frauen unterwegs“, eine wirtschaftliche Perspektive zu entwickeln und aufzubauen. „Wir hatten damals keinen Plan, kein Business-Know-how, keine Strukturen. Wir sind einfach durch Learning-by-doing gewachsen und haben uns parallel zum Geschäft weiterentwickelt. Heute könnte man auf diese Weise ein Unternehmen nicht mehr aufbauen“, sagt Bader und schmunzelt über die naive, aber auch erfolgreiche Herangehensweise dieser Gründerzeit.
Die Branchenquereinsteigerin beginnt damit, Arbeitsbereiche zu strukturieren, verschafft sich in unzähligen Gesprächen einen Überblick über die Fähigkeiten, die die Mitarbeiterinnen einbringen können, beobachtet den Markt und schaut, wie andere Reiseanbieter arbeiten. Schritt für Schritt entwickelt sie ein Reiseportfolio, das die besonderen Wünsche von Frauen adressiert. „Frauen reisen gerne in kleinen Gruppen, weil sie den persönlichen Austausch untereinander schätzen. Und sie wollen vor Ort auch etwas über die Frauen, die in einem Land leben und wirken, erfahren. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, mussten wir erst einmal Reiseleiterinnen ausbilden, die diesen Anforderungen auch gerecht werden können. Verkürzt ausgedrückt: Über Apollo konnten alle etwas sagen, nicht aber über Athene“, erzählt Evelyn Bader. Diese Pionierarbeit trägt am Markt Früchte, so dass die Gründerin 1988 gemeinsam mit einer Partnerin den Verein in eine GbR umwandelt und im Jahr 2000 schließlich in eine GmbH.
„Die Fähigkeit, sich in die Bedürfnisse von Menschen und damit in die Funktionsweise von Märkten einzufühlen, zeichnet viele Frauen, die sich beruflich selbstständig machen, aus. Doch in der heutigen Zeit, in der in der Geschäftswelt ein globaler Wettbewerb herrscht und die Konkurrenz in vielen Branchen vergleichsweise groß ist, tun angehende Unternehmerinnen gut daran, sich systematisch auf eine Gründung vorzubereiten. Die bundesweite gründerinnenagentur bietet mit ihren Regionalverantwortlichen in allen Bundesländern Anlaufstellen für gründungsinteressierte Frauen und unterstützt diese bei allen Etappen auf dem Weg in die Selbstständigkeit“, so Iris Kronenbitter, Leiterin der bundesweiten gründerinnenagentur.
Mit 60 Jahren auf zu neuen Ufern – die Gründung von "WomenFairTravel"
Nach fast 30 Jahren im Business hat Evelyn Bader „Frauen unterwegs – Frauen reisen“ gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin zum größten auf Frauenreisen spezialisierten Anbieter ausgebaut. Eigentlich könnte die umtriebige Unternehmerin sich nun zurücklehnen, entspannt aus dem über viele Jahre erarbeiteten Know-how schöpfen und schon einmal im Hinterkopf planen, für welche eigenen großen Reisen ihr ein absehbarer Eintritt in die Rente Zeit schenken könnte. Doch Evelyn Bader tickt anders. Sie krempelt die Ärmel hoch und fängt noch einmal fast von vorne an. „Ich hatte Lust, das, was ich in 30 Jahren erarbeitet habe, noch weiter zu entwickeln und neue Wege zu beschreiten. Und so habe ich mir zum 60. Geburtstag gewissermaßen ein neues Unternehmen geschenkt“, erzählt die Reise-Expertin.
Mitte 2013 geht sie mit „WomenFairTravel“ an den Start. Der Name spiegelt wieder, dass es Bader nicht allein darum geht, passgenaue Angebote für Frauen zu machen, sondern auch die Vorzeichen der Reisebranche zu verändern. „Ökologie und Nachhaltigkeit sind in der Wirtschaft zu einem Trend geworden, werden aber häufig nur sprachlich, nicht inhaltlich umgesetzt. Mit WomenFairTravel engagiere ich mich für die Ausbildung von Reiseleiterinnen zum Beispiel in muslimischen Ländern oder in Nepal und trete auch dafür ein, dass diese dann eine regelmäßige Beschäftigung finden und den gleichen Lohn erhalten wie Männer“, erklärt die gestandene Touristikerin. Ob Städte- oder Kulturreisen, Wander- oder Radreisen, Wüstentouren oder Klosteraufenthalte in den schönsten Regionen Deutschlands und nahezu weltweit bis hin zu Kreativkursen finden reiselustige Frauen mit Weit- und Weltblick hier alles, was ihr Herz begehrt.
Auch ihre Liebe zum Detail kommt im neuen Unternehmen voll zum Tragen. Eines ihrer Lieblingsprojekte ist eine Reise ins türkische Kappadokien, wo die Reisenden Unterkünfte in malerischer Felslandschaft, Begegnungen mit Künstlerinnen sowie kulinarische und kreative Exkursionen erwarten – ein typisches „WomenFairTravel“-Gesamtkunstwerk.
„Viele Frauen schöpfen die Motivation zu einer Unternehmensgründung aus ihrer persönlichen Begeisterung für eine Sache. Und wo sich diese Vorlieben in einer Angestelltentätigkeit nicht immer voll ausleben lassen, kann eine Unternehmensgründung eine sinnvolle Karriereoption darstellen. Für den Schritt ins Unternehmerinnendasein ist es nie zu spät, denn gerade in fortgeschrittenem Lebensalter können Frauen auf einen gewachsenen Erfahrungs- und Qualifikationsschatz zurückgreifen, der ihnen den Neustart erleichtert. In der von der bundesweiten gründerinnenagentur herausgegebenen Publikation ‚Gründungen von Frauen ab 45 – mit Erfahrung erfolgreich’ finden Frauen, die in der Lebensmitte den Schritt in die Selbstständigkeit gehen wollen, zahlreiche Fachinformationen, die ihnen die Umsetzung erleichtern“, so Iris Kronenbitter, Leiterin der bundesweiten gründerinnenagentur.
Bisherige Erfolge erleichtern die Finanzierung des Neustarts
Der Start des neuen Business gestaltet sich für Evelyn Bader vergleichsweise fließend. Die 60-Jährige kann ihr eigenes Reiseportfolio mit rund 150 Angeboten ins neue Unternehmen mitnehmen – und ihre Kundinnen folgen ihr. Auch die Finanzierung des neuen Unternehmens gestaltete sich einfacher als gedacht. „Ich brauchte 60.000 Euro Startkapital, die mir von meiner alten Hausbank, die mich und die Kontinuität meiner bisherigen Umsätze kannte, reibungslos bewilligt wurden“, so die passionierte Reise-Anbieterin.
„Finanzierungen bei Banken einzuwerben, ist für Gründerinnen und Gründer in der Anfangsphase häufig eine echte Herausforderung. Die Expertinnen und Experten im Netzwerk der bundesweiten gründerinnenagentur stehen deshalb angehenden Unternehmerinnen dabei zur Seite, belastbare Business- und Finanzpläne zu erarbeiten, die mögliche Risiken einbeziehen, und unterstützen sie dabei, sich auf konstruktive Gespräche mit Banken vorzubereiten. Darüber hinaus bündelt eine Online-Datenbank verschiedene Förderangebote, die für den Aufbau von Firmen in Anspruch genommen werden können“, so Iris Kronenbitter, Leiterin der bundesweiten gründerinnenagentur.
In Sachen Internet und Werbung arbeitet Evelyn Bader mit Freiberuflerinnen zusammen, doch plant sie bereits für das erste Jahr nach der Neugründung auch Festanstellungen. Darüber hinaus sind für sie zwischen 40 und 50 selbstständige Reiseleiterinnen im Einsatz. Als Auftraggeberin und Chefin ist es ihr dabei wichtig, ein Arbeitsklima zu schaffen, in dem Frauen sich mit ihren besonderen Fähigkeiten entfalten können. „Frauen schätzen ein Hand-in-Hand auf Augenhöhe und gegenseitige Wertschätzung. Die Verbundenheit mit einem gemeinsamen Anliegen steht deshalb für mich bei meiner Arbeit im Vordergrund. Und meiner Erfahrung nach ist es sehr wichtig, dass wir Frauen uns, zum Beispiel durch die Gründung eigener Unternehmen, diese Umfelder schaffen“, so die Vollblut-Unternehmerin.
Zwar fängt „WomenFairTravel“ nicht bei Null an, doch verlangt die Aufbauphase des neuen Unternehmens 12-Stunden-Arbeitstage inklusive Wochenende. Doch aufgrund ihrer Erfahrung ist bereits absehbar, dass dies nur ein Übergangsstadium sein wird. „Ich ziehe keine klare Grenze zwischen Beruf und Privatleben, denn mit vielen meiner geschäftlichen Kontakte bin ich auch gut befreundet. Und die Freude an meinem Unternehmen ist so groß, dass ich mich auch nicht erschöpft fühle. Ich kann sagen, dass ich im Laufe der Jahre an der Selbstständigkeit gewachsen bin. Und die positiven Veränderungen im Tourismus, die sich durch unsere Arbeit über die Jahre einstellen konnten, zeigen mir, dass es sich für Frauen lohnt, sich zu engagieren – wir können wirklich etwas in der Welt bewegen.“
Zur Unternehmenswebsite: http://www.womenfairtravel.com/
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