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Christiane Schenke
Gründerin
Büro für Webdesign
„Die Kreativbranche hat mich schon immer gereizt und ich habe nach der Wende die Chance genutzt, mich als Webdesignerin selbstständig zu machen“
Christiane Schenke gründete 1998 im Alter von 36 Jahren in Halle ihr Büro für Webdesign / Aus der Kooperation mit einem Webprogrammierer wurde das Zwei-Personen-Unternehmen lilac-media, das für kleine und mittlere Firmen aus der Region und bundesweit Internetauftritte und Websoftware realisiert
"Ich wollte schon immer gestalterisch tätig sein, aber als geborene Unternehmerin fühle ich mich nicht. Es hat mich schon Mut gekostet, den Weg in die Selbstständigkeit einzuschlagen", erzählt Christiane Schenke offen. Der Start in der Kreativbranche gelang der Hallenserin über Umwege, denn zu DDR-Zeiten wurde ihr zunächst das Abitur und damit eine freie Berufswahl verwehrt. Also absolviert sie eine Ausbildung als Krankenschwester, arbeitet in dem Beruf und macht ihr Abitur an einer Abendschule. Nebenbei findet sie immer wieder auch Zeit, um Zeichenkurse zu besuchen.
Kurz vor der Wende sieht sie die Chance gekommen, ihre künstlerischen Ambitionen zu verwirklichen und beginnt 1988 an der Hochschule für Kunst und Design ein Modedesign-Studium, das sie durch ihre Tätigkeit als Krankenschwester finanziert. „Die Modewelt hat mich schon immer fasziniert und hier hätte ich gerne gearbeitet“, erzählt die Unternehmerin. Doch nach dem Studium zeigt sich schnell, dass die Anforderungen der Branche im Hinblick auf die Mobilität und zeitliche Verfügbarkeit ihrer Mitarbeiter mit dem Leben einer alleinerziehenden Mutter nicht vereinbar sind. Christiane Schenke bleibt ihrer Berufung treu und findet eine pragmatische Lösung, indem sie noch einen Aufbaustudiengang in Designinformatik absolviert.
Förderprogramme geben den Anstoß zur Selbstständigkeit und ebnen den Weg zur Gründung
Ohne praktische Berufserfahrung erscheint der frischgebackenen Webdesignerin, die sich selbst als eher vorsichtiger Typ sieht, der Schritt in die Selbstständigkeit sehr gewagt. Ein eineinhalbjähriger Existenzgründungskurs, der vom Europäischen Sozialfonds gefördert wird, macht ihr jedoch Mut, das ambitionierte Vorhaben anzugehen. Im Zuge der Maßnahme erhalten die angehenden Gründerinnen und Gründer wertvolle Schulungen und Beratungen, die sie auf den Aufbau des eigenen Unternehmens vorbereiten. „Diese Hilfestellung hatte ich dringend nötig, denn wirtschaftliche Aspekte spielten in meinem Aufbaustudium kaum eine Rolle und ich wusste darüber wenig. Im Rahmen des Unterrichts haben wir außerdem ein Persönlichkeitstraining durchlaufen, so dass ich mir über meine Stärken und Schwächen bewusster wurde“, erzählt die Webdesignerin. Die mit dem Kurs verbundene Unterstützung zum Lebensunterhalt während der Gründungsvorbereitungen und in den ersten Monaten der Gründung geben der alleinerziehenden Mutter die notwendige finanzielle Rückendeckung, ohne die sie sich auf das Wagnis der Selbstständigkeit wohl kaum hätte einlassen können.
"Der Erfolg einer Existenzgründung hängt vor allem davon ab, dass es Gründerinnen gelingt, ihre Geschäftsideen und Qualifikationen mit den Erfordernissen des Marktes abzugleichen. Gerade in der Kreativbranche sind neben einer künstlerischen Vision und dem entsprechenden Talent wirtschaftliche Kenntnisse unabdingbar, um das eigene Angebot angemessen vermarkten zu können. Die bundesweite gründerinnenagentur als einziges bundesweites Service- und Kompetenzzentrum zur unternehmerischen Selbstständigkeit von Frauen über alle Branchen und Phasen des Unternehmensauf- und -ausbaus versteht sich mit ihren Regionalrepräsentanzen in allen Bundesländern als erste Anlaufstelle für Frauen, die eine Existenzgründung anstreben", so Iris Kronenbitter, Projektleiterin der bundesweiten gründerinnenagentur (bga).
Klein anfangen, um das Risiko überschaubar zu halten
1998 steigt Christiane Schenke als freie Webdesignerin in die Selbstständigkeit ein. Um den finanziellen Aufwand der Gründung gering zu halten, richtet die seinerzeit 36-Jährige ihr Büro zunächst in ihrer Privatwohnung ein. Da sie als Dienstleisterin nur einen Computer und die Büroeinrichtung benötigt, kann sie auf Kredite verzichten und ohne große Investitionen loslegen. "Mir war es wichtig, den finanziellen Aufwand in der Startphase überschaubar zu halten", betont die Gründerin. Das Geschäft läuft von Anfang an gut. Erste Aufträge akquiriert die Webdesignerin über Kontakte, die sie in den Existenzgründungsseminaren geknüpft hat. Außerdem arbeitet sie als Dozentin für die Arbeitsagentur und gibt Kurse für Webdesign. Dieses feste Standbein ermöglicht es ihr, ohne großen finanziellen Druck das Tagesgeschäft aufzubauen. Schon bald arbeitet sie bei der Realisierung komplexer Aufträge mit einem Programmierer zusammen, um den Kunden Komplettlösungen aus einer Hand anbieten zu können. "Im Internetbereich wollen die Kunden nicht nur gutes Design, sondern eine Gesamtlösung, so dass man als Team, das sowohl den gestalterischen als auch den technischen Part übernehmen kann, klar im Vorteil ist", erklärt Christiane Schenke.
Aus der Kooperation wird ein gemeinsames Unternehmen
Als Team bedienen die Webdesignerin und der Programmierer Winfried Flieder schon bald zahlreiche kleine und mittelgroße Unternehmen bei der Realisierung ihrer Onlineauftritte und da die Chemie im Duo stimmt, entschließen sich beide 2002 zur Gründung eines gemeinsamen Unternehmens. lilac-media entsteht als Gesellschaft bürgerlichen Rechts und die beiden beziehen in Halle zusammen ein Büro. Bei der Aufgabenteilung folgen sie ihren jeweiligen Kernkompetenzen. Winfried Flieder kümmert sich vor allem um die technischen Aspekte der Internetlösungen und administriert den Server, auf dem die Anwendungen der Kunden gehostet werden. Christiane Schenke zeichnet für die Gestaltung der Webseiten verantwortlich, schult die Kunden am von lilac-media selbst entwickelten Content-Management-System und übernimmt die Kundenbetreuung. Die zufriedenen Kunden sind der beste Beweis, dass diese Aufgabenteilung funktioniert. "Ein Teil unserer Kunden ist wirklich von der ersten Stunde dabei und wir haben ihnen inzwischen bereits die vierte oder fünfte Überarbeitung ihrer Webseiten gestaltet", erzählt Christiane Schenke. An der Arbeit im Team schätzt sie vor allem die unterschiedlichen Blickwinkel: "Es ist eine Bereicherung, nicht im eigenen Saft zu schmoren, und die Reibung unterschiedlicher Perspektiven bringt unsere Projekte voran."
Das wichtigste Erfolgsrezept der Designerin: Nicht nur die künstlerische Seite eines Webprojekts zu sehen, sondern das, was der Kunde braucht. „Bei der Entwicklung von Internetangeboten steht eine funktionierende Gesamtlösung im Mittelpunkt. Es geht nicht allein um Schönheit und das Design, sondern um das Endergebnis. Ich lebe nicht nur die künstlerische Sicht, sondern bin auch begeistert von unserem technischen System und für mich ist der gesamte Prozess eines Kundenauftrags Kreativität pur“, sagt Christiane Schenke und in ihrer Stimme schwingt die Begeisterung für ihren Beruf mit.
"Gründungen im Team sind eine gute Möglichkeit, die immer komplexer werdenden Anforderungen von Kunden leichter und passgenauer zu erfüllen, was am Markt einen klaren Wettbewerbsvorteil darstellt. Gerade im technologieorientierten Bereich der Kreativwirtschaft bieten sich deshalb Kooperationen besonders an, da häufig nicht der künstlerische Part alleine zu einem marktfähigen Produkt führt. Die bundesweite gründerinnenagentur unterstützt angehende Selbstständige mit ihrem Netzwerk, dem mehr als 1.600 Expertinnen und Experten der Gründungsförderung und -beratung angehören, dabei, ein für sie passgenaues Geschäftsmodell zu entwickeln", so bga-Projektleiterin Iris Kronenbitter.
Für Christiane Schenke stellt die künstlerische Berufung zwar eine wichtige Basis dar, die jedoch nur mit einer gesunden Portion Realitätssinn wirklich wirksam werden kann. „Als reiner Künstler wird man es in der Selbstständigkeit wohl nur schwer schaffen“, meint sie. Ihr eigenes unternehmerisches Gespür ist dabei auch Ergebnis eines Lernprozesses: „Mein Antrieb war es immer, gestalten zu können, und anfangs war ich mental noch sehr in meiner früheren Rolle als Krankenschwester, wo ja das Helfen im Vordergrund steht. Ich musste es erst einmal schaffen, mich auch abzugrenzen und ganz pragmatisch zu kalkulieren, dass mir Aufträge auch finanziell genug einbringen müssen“, so die heute 47-Jährige.
Wachsen ja, aber nicht um jeden Preis
Ursprünglich folgte die Selbstständigkeit im kleinen Stil dem Bedürfnis der Gründerin, flexibel genug sein zu können, um sich neben dem Beruf auch um ihren zur Zeit der Gründung gerade 7-jährigen Sohn kümmern zu können. Doch auch heute kann Christiane Schenke dem Modell des Zwei-Personen-Unternehmens noch immer viel abgewinnen. „Ich sehe mich nach wie vor als Entwicklerin und nicht als Geschäftsführerin“, ist die Designerin überzeugt. Dennoch denken sie und ihr Geschäftspartner, der inzwischen auch ihr Lebensgefährte ist, über mögliche Erweiterungsstrategien nach, denn bei größeren Aufträgen stößt lilac-media schon einmal an seine Grenzen. „Bei großen Projekten, die sehr schnell abgewickelt werden sollen, müssen wir leider passen. Deshalb suchen wir momentan nach einem Modell, wie wir einen Mitarbeiter integrieren können“, erzählt die Geschäftsfrau.
"Für Gründerinnen steht häufig nicht alleine die berufliche Selbstverwirklichung im Vordergrund, sondern auch der Wunsch, ein erfülltes Arbeitsleben mit einem ausgeglichenen Familienleben zu verbinden. Eine zunächst klein gestartete Selbstständigkeit bietet die Chance, die Unternehmensentwicklung immer wieder an die Entwicklung der eigenen Biographie anzupassen und die Firma im Laufe der Jahre, wenn die zeitlichen Ressourcen der Gründerin wieder größer werden, auszubauen. Gerade die Kreativwirtschaft mit ihren vielfältigen Arbeitsfeldern und häufig sehr frei gestaltbaren Tätigkeitsgebieten bietet Gründerinnen, die auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie großen Wert legen, vielfältige Potenziale", so bga-Projektleiterin Iris Kronenbitter.
Für lilac-media bringt der bisher gewollte Verzicht auf Mitarbeiter auch manche Unsicherheit mit sich. Zwar laufen die Geschäfte seit Jahren kontinuierlich gut, aber: „Zu Zweit können wir nur eine überschaubare Anzahl von Stunden arbeiten, was die Zahl unserer Projekte limitiert. Laufende Aufträge geben uns jeweils für etwa drei Monate Sicherheit, aber man kann die Umsätze nie wirklich langfristig planen.“ Für Christiane Schenke und ihren Partner hat deshalb die Integration eines weiteren Mitarbeiters oberste Priorität. Und für die Unternehmerin ist dabei klar, dass es hier nicht um ein Wachstum um jeden Preis geht, sondern der Faktor Kreativität für sie im Tagesgeschäft weiter an erster Stelle steht: "Mir ist es wichtig, welche Arbeit ich mache und das gestalterische Wirken ist mir am Wichtigsten."
Zur Unternehmenswebsite: www.lilac-media.de
Foto: Anne-Barbara Bernhard
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