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Cornelia Philipp
Nachfolgerin
Bauunternehmen Hansel GmbH
„Handwerk ist für mich eine Leidenschaft und als mein Vater eine Nachfolge suchte, war es für mich keine Frage, das Familienunternehmen zu übernehmen“
Cornelia Philipp übernahm 2002 im Alter von 40 Jahren das von ihrem Vater gegründete Bauunternehmen Hansel GmbH in Schotten-Wingershausen und beweist seitdem, dass der weibliche Blick in einer Männerdomäne nicht nur für die Frauen unter den Kunden einen echten Mehrwert darstellt. Wenn die Bauunternehmerin Cornelia Philipp über ihren beruflichen Werdegang spricht, gewinnt man schnell den Eindruck, das Gespür fürs Geschäft wurde ihr in die Wiege gelegt. In gewisser Weise stimmt das auch, denn der Aufbau des 1976 gegründeten väterlichen Bauunternehmens im hessischen Vogelsberg prägte ihre Kindheit. „Wir sind mit dem Unternehmertum und der damit verbundenen Selbstständigkeit aufgewachsen“, erzählt sie selbstbewusst. Als Nachfolger für den Familienbetrieb war allerdings zunächst ihr jüngerer Bruder auserkoren, so dass Cornelia Philipp nach ihrer Schulzeit zunächst eigene Wege geht – natürlich im Handwerk, denn zu der Branche ist ihre Liebe zu dieser Zeit längst entfacht.
Etwas bewegen – Lehr- und Wanderjahre als erstes Erfahrungsfeld
In einem kleinen Betrieb im Vogelsberg macht die junge Frau eine Lehre als Schneiderin und arbeitet anschließend fünf Jahre in den Werkstätten der Städtischen Bühnen Frankfurt. Dann zieht es sie in die Selbstständigkeit. „Ich wollte etwas bewegen. Da man seinerzeit für eine Gründung im Handwerk noch den Meister brauchte, den ich nicht hatte, machte ich mich als Änderungsschneiderin selbstständig“, erzählt die Handwerkerin. Die Konkurrenz ist jedoch groß und die Gründerin fühlt sich, da die Gesetzeslage ihr Tätigkeitsfeld klar eingrenzt, sehr eingeschränkt. „Ich wollte viel lieber richtig kreativ sein“, sagt sie im Rückblick. Deshalb gibt sie ihr Geschäft nach zwei Jahren wieder auf und wechselt als Verkäuferin für Heimtextilien in ein Kaufhaus – eine große Chance, wie sich bald zeigen wird. „Mit meinem frischen Blick habe ich schnell sehr viele Verbesserungspotenziale gesehen und ich hatte das Glück, dass mein Chef meine Führungsfähigkeiten erkannt und mich systematisch gefördert hat“, sagt Cornelia Philipp. Sie beteiligt sich bei der Betreuung der Auszubildenden, sorgt dafür, dass in ihrer Abteilung alles rund läuft und bewährt sich im Verkauf. Ihr ausgeprägter Geschäftssinn lässt sie aber auch erkennen, dass ihr Gehalt dem, was sie leistet, bald nicht mehr entspricht. „Mein Chef hätte mir gerne mehr gezahlt, konnte aber nicht, und so habe ich mich 1991 nach einem neuen Betätigungsfeld umgesehen“, sagt die Hessin.
Der Einstieg ins väterliche Bauunternehmen als Bewährungsprobe
Da der Vater für sein Bauunternehmen, das hauptsächlich im Bau von Einfamilienhäusern, Sanierungen und Umbauten tätig ist, zu dieser Zeit eine Mitarbeiterin fürs Büro sucht, bewirbt die seinerzeit 23-Jährige sich für die Stelle: „Eine Bevorzugung von uns Kindern wäre ihm nie in den Sinn gekommen, im Gegenteil, an uns hat er immer höhere Maßstäbe angelegt.“ Sie bekommt den Job – mit einem halben Jahr Probezeit – und krempelt die Ärmel hoch: „Schon bald habe ich mich unterfordert gefühlt und beispielsweise wesentliche Teile der Buchhaltung, die zuvor außer Haus abgewickelt wurde, selbst übernommen sowie einiges im Büro umorganisiert.“ Ein Gespräch mit einem Ausbildungsberater der Handwerkskammer bringt sie auf die Idee, eine eineinhalbjährige Weiterbildung zur Betriebswirtin im Handwerk zu machen. Hier lernt sie ihren Ehemann kennen, der ebenfalls im Bauunternehmen seiner Eltern tätig ist – eine Fügung, die in den kommenden Jahren zu einer stärkeren Kooperation beider Betriebe führen wird. Die Zusammenarbeit zwischen Vater und Tochter läuft, auch wenn Cornelia Philipp peu à peu einen neuen Arbeitsstil ins väterliche Unternehmen trägt, recht reibungslos: „Die typischen Kämpfe, die zwischen Eltern und Kindern dazu gehören, hatten wir schon zehn Jahre vorher ausgefochten.“
„Die bundesweite gründerinnenagentur als einziges bundesweites Service- und Kompetenzzentrum zur unternehmerischen Selbstständigkeit von Frauen mit Regionalverantwortlichen in allen Bundesländern versteht sich als erste Anlaufstelle für Frauen, die die Gründung eines Unternehmens oder eine Nachfolge planen. Gerade im Handwerk bieten sich für Frauen besondere Chancen, denn während bereits 41,1 Prozent aller Unternehmensgründungen laut KfW-Gründungsmonitor 2009 durch Frauen erfolgen, liegt die Quote der Frauengründungen im Handwerk, so eine aktuelle Studie der Fachhochschule des Mittelstands, Bielefeld, erst bei lediglich 25 Prozent. Die bundesweite gründerinnenagentur unterstützt Handwerkerinnen, die sich für eine Selbstständigkeit oder eine Unternehmensnachfolge interessieren dabei, ein ihren Bedürfnissen entsprechendes Szenario zu entwickeln“, so Iris Kronenbitter, Projektleiterin der bundesweiten gründerinnenagentur (bga).
Die Nachfolge – eine „Formsache“, die geplant sein will
2002, Cornelia Philipp ist inzwischen verheiratet, hat einen kleinen Sohn und ist seit nunmehr elf Jahren im Betrieb, will der Vater die Nachfolgeregelung angehen: „Mein Bruder hat zwar auch in der Firma gearbeitet, aber es zeigte sich, dass er nicht der geeignete Kandidat für die Fortführung des Unternehmens war.“ Die Tochter ist hingegen sofort dazu bereit und bekommt den Zuschlag – nicht zuletzt, weil ihr Mann vom Fach ist und als Meister seiner Frau zur Seite stehen kann.
Bei der Umsetzung der Formalitäten setzt Cornelia Philipp auf ihren Sachverstand. „Ich habe die Bilanzen geprüft und mich von einem Anwalt und einem Steuerberater beraten lassen“, erzählt sie. Auch bei der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Vogelsberg Consult holt sie sich Rat. „Aus heutiger Sicht würde ich weitere Beratungsmöglichkeiten ausschöpfen, denn gerade im Hinblick auf die Finanzierung wäre sicherlich das eine oder andere Förderprogramm für mich in Frage gekommen, von dem ich damals nichts wusste“, resümiert die Nachfolgerin. Über den Kaufpreis in Höhe von rund 80.000 Euro schließt sie mit ihrem Vater einen Kreditvertrag ab, der ihr etwas mehr Spielraum lässt als die marktüblichen Konditionen: „Eine Finanzierung über die Bank wäre aufgrund der anfallenden Gebühren teurer geworden.“ Neben dem Kaufpreis erhält der Vater eine Pensionszusage bis zum Jahr 2011, für die das Unternehmen zum Teil Rücklagen gebildet hatte. Und so ist Cornelia Philipp ab 2002 mit 40 Jahren Inhaberin der Hansel GmbH.
„Unternehmensnachfolgen erfordern eine umsichtige Planung, denn einerseits ist es wichtig, den Übergang des laufenden Geschäfts möglichst reibungslos zu vollziehen, andererseits muss die Finanzierung auf eine solide Grundlage gestellt werden. Im Netzwerk der bundesweiten gründerinnenagentur stehen Nachfolgerinnen rund 1.700 Expertinnen und Experten aus den Bereichen Gründungsförderung und -beratung mit ihrem Fachwissen zur Seite, um den Übergabeprozess langfristig zu planen“, so bga-Projektleiterin Iris Kronenbitter.
„Gott hat Himmel und Erde geschaffen, den Rest haben wir Handwerker gemacht“ – Aus Berufung in Führung gehen
Für Cornelia Philipp bietet das eigene Unternehmen einen Rahmen, in dem sie ihre Leidenschaft für das Handwerk ausleben kann. Auch wenn die Mittvierzigerin nicht selbst auf der Baustelle Hand anlegt, sondern sich hauptsächlich um alle betriebswirtschaftlichen Belange des Betriebs kümmert, ist das mit dem Handwerk verbundene schöpferische Moment für sie eine Quelle der Begeisterung. „In dem Spruch im Rahmen der Image-Kampagne des deutschen Handwerks ‚Gott hat Himmel und Erde geschaffen, den Rest haben wir Handwerker gemacht’ liegt viel Wahres. Stellen Sie sich einmal ein Leben ohne Handwerk vor. Es gäbe keine Häuser, Sie hätten kein Bett, zum Frühstück gäbe es keine Brötchen. Bei großen Bauwerken wie Kathedralen oder dem Eiffelturm spricht man später nur über die Architekten, aber die wesentliche Arbeit haben Handwerker geleistet“, sagt die Bauunternehmerin voller Begeisterung. Genau dieser Enthusiasmus ist es auch, der bei ihrem Personal – sechs Fachkräfte und ein Auszubildender – so gut ankommt. „Ich war vor der Nachfolge ja schon über zehn Jahre im Betrieb und kam mit allen Angestellten sehr gut aus, aber die Art, wie ich in meiner Rolle als neue Chefin begrüßt wurde, hat mich wirklich gerührt. Meine Mitarbeiter haben seinerzeit sogar ein Gedicht für mich geschrieben“, schwärmt Cornelia Philipp.
Auch Kund/-innen und Geschäftspartner/-innen akzeptieren die neue Firmeninhaberin sofort und Vorurteile gegenüber Frauen am Bau sind der Nachfolgerin fremd, was auch daran liegt, dass sie sich im Tagesgeschäft auf ihre wirtschaftliche Kompetenz beschränkt und die baulichen Fachfragen ihren Mitarbeitern überlässt. In den ersten fünf Jahren nach der Übergabe arbeitet der Vater noch regelmäßig in der Firma mit, inzwischen hat er sich aus dem Betrieb zurückgezogen. Dafür hat Cornelia Philipp die geschäftlichen Beziehungen zur Baufirma ihres Mannes – er hat das Geschäft seiner Eltern inzwischen auch übernommen – intensiviert. „Mein Mann beteiligt sich auch an der Auftragsakquise für meine Firma, je nach Auslastung übernehmen wir wechselseitig Aufträge oder leihen uns auch mal Mitarbeiter aus. Dabei ist es mir besonders wichtig, dass wir alle diese Kooperationen klar vertraglich und finanziell geregelt haben“, betont die Chefin, der ihre Unabhängigkeit auch in wirtschaftlicher Hinsicht sehr wichtig ist.
Der weibliche Blick macht einen Unterschied und schafft Mehrwert
Seit Cornelia Philipp das Unternehmen übernommen hat, weht bei der Hansel GmbH ein neuer Wind. So wirbt die Nachfolgerin mit dem Slogan „Frauen bauen für Frauen“, um zu signalisieren, dass der weibliche Blick im Handwerk einen Mehrwert darstellt. „Am Bau haben Männer häufig kein Gespür für die besonderen Bedürfnisse der weiblichen Bauherren, weil ihnen die spezielle Erfahrung von Frauen fehlt“, sagt die Nachfolgerin. Aus eigener Erfahrung weiß die Mittvierzigerin, welche baulichen Anforderungen sich beispielsweise in einem Haus, das von einer Familie bewohnt werden soll, ergeben. Dieser Sinn fürs Detail wird von den Kundinnen besonders geschätzt. Auch ihre weibliche Diplomatie hilft Cornelia Philipp über manche Klippe hinweg. „Bei einem Auftrag, der nicht zur Zufriedenheit des Kunden lief, waren wir schon mit dem Gutachter vor Ort. Ich habe dann mit dem Bauherrn ein sehr persönliches Gespräch geführt, bin auf seine Beschwerde eingegangen und so wurde aus einer Reklamation sogar ein Folgeauftrag“, erklärt die Unternehmerin das Geheimnis ihres Erfolgs.
„Da das Handwerk trotz eines Frauenanteils von rund 25 Prozent immer noch sehr männerorientiert ist, haben Frauen, die sich in der Branche selbstständig machen, hier hervorragende Möglichkeiten, mit ihrem geschlechtsspezifischen Know-how zu überzeugen und die Zielgruppe der Frauen in besonderem Maße anzusprechen. Solche Strategien bieten Alleinstellungsmerkmale, die am Markt überzeugen“, so bga-Projektleiterin Iris Kronenbitter.
Mit Umsicht in die Zukunft blicken
Der Wegfall der Eigenheimzulage und die Wirtschafts- und Finanzkrise haben der Baubranche zugesetzt, so dass der Bau von Einfamilienhäusern bei der Hansel GmbH rückläufig ist. Cornelia Philipp setzt deshalb auf weitere Angebote und die besondere Expertise ihrer Mitarbeiter in Nischen, die weniger umkämpft sind. „Eine unserer besonderen Kompetenzen liegt in der Bearbeitung von handbehauenen Basaltsteinen, die beispielsweise bei der Außensanierung von Kirchen anfällt“, erklärt die Bauunternehmerin. Mit Umbauten und Sanierungen im Bestand sowie der baulichen Gestaltung von Außenanlagen hält die Nachfolgerin das Unternehmen auf Kurs. Und auch die längerfristige Zukunftsplanung ist für die Handwerkerin ein Thema. „Unser Sohn hat in den Ferien schon in der Firma mitgearbeitet und ist sehr interessiert am Bau. Nach dem Abitur in zwei Jahren wird er wahrscheinlich erst einmal studieren, aber vielleicht übernimmt er auch einmal die Firma. Eine weitere Option, über die mein Mann und ich diskutieren, ist die Möglichkeit der Zusammenlegung beider Firmen. Aber das sind Dinge, die sich entwickeln müssen“, so die Nachfolgerin.
Unterdessen ist es Cornelia Philipp ein besonderes Anliegen, mehr Frauen fürs Handwerk zu begeistern. So beteiligt sich die Hansel GmbH regelmäßig am „Girl’s Day“, um jungen Frauen Einblicke in die Baubranche zu vermitteln: „Bei uns bekommen die Mädchen einen Helm und Werkzeug und dürfen auf der Baustelle richtig mitmischen.“ Eine Maurerin hat der Betrieb bereits ausgebildet und wenn es nach der Inhaberin geht, werden weitere folgen: „Das Handwerk ist etwas ganz besonderes und bietet für junge Menschen die Chance, beruflich etwas zu erreichen. Diese Freude am Beruf versuche ich zu vermitteln.“
Zur Unternehmenswebsite: www.hansel-bau.de
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